An(ge)kommen in Lichtenberg – Geflüchtete erzählen über ihre Erfahrungen
Unter diesen Titel hatten wir am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, in die oskar freiwilligenagentur eingeladen. Zehn Jahre nach der großen Flüchtlingswelle 2015 und im vierten Jahr des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wollten wir darüber sprechen, wie es Geflüchteten heute in unserem Bezirk geht, was sie erlebt und welche Unterstützung sie bekommen haben. Mit uns diskutierten Anas, der 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, Olha, die 2022 mit zwei Kindern aus der Ukraine fliehen musste, Corinna Schweda, die sich ehrenamtlich seit 2015 in der Flüchtlingshilfe engagiert, und unsere stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin Camilla Schuler.
Moderiert wurde das Gespräch von Antje Schiwatschev und Antonio Leonhardt, beide Verordnete der Linksfraktion in der BVV Lichtenberg. Sie teilen eine weitere Gemeinsamkeit, denn sie haben 2022 Flüchtlinge aus der Ukraine bei sich aufgenommen. Bei Antje hatten für die ersten Monate Irina und ihre Tochter Kamila, bei Antonio Olha und ihre Kinder ein Zuhause gefunden.
Heute ist Berlin-Lichtenberg ihre Heimat. Sie gehen einer Arbeit nach und sind voller Tatendrang. Anas ist nach langer Wartezeit inzwischen eingebürgert. Erst vor Kurzem hat Olha geheiratet, ihren Mann lernte sie im B1-Sprachkurs kennen.
Anas erzählt, dass er vor genau zehn Jahren die Entscheidung treffen musste, sein Land wegen der Assad-Diktatur zu verlassen. Sein Weg war die gefährliche Flucht übers Mittelmeer - 70 Personen in einem Schlauchboot.
Olhas Flucht aus Odessa endete zunächst bei Freunden in München. Die Bedürfnisse waren übersichtrlich: waschen und schlafen.
Corinna Schweda erzählt, dass sie mit Fahrradreparaturen begonnen hat und inzwischen daraus ein Verein entstanden ist – die Garage 10. Sie berichtet über viele positive Begegnungen, aber auch deprimierende Erlebnisse. Zum Beispiel, wenn sich Geflüchtete aus dem Flugzeug gemeldet und gesagt haben, ich werde gerade abgeschoben, heute morgen um 6 Uhr hat es geklingelt, und mir wurde gesagt, du hast eine halbe Stunde Zeit, deine Sachen zu packen.
Camilla Schuler hat 2015 in einer Unterkunft in Hohenschönhausen deutsch als Fremdsprache gelehrt. Sie sieht die Sprachförderung als Riesenthema. Auch sie hat erlebt, dass eine ganze Familie aus ihrem Unterricht herausgeholt worden ist, um abgeschoben zu werden.
Fazit des Abends: Ein Hoch auf das Ehrenamt! Einbürgerungen müssen deutlich schneller gehen, Arbeitsmöglicheiten für Geflüchtete verbessert und – vor allem – Vorurteile abgebaut werden.